Nachhaltig und ohne Weltraumschrott: Minister Habeck will die zarte Pflanze der deutschen Space-Industrie regulieren. Seine Eckpunkte für ein Weltraumgesetz lassen nichts Gutes erwarten für die wichtige private Zukunftsbranche.
Die deutsche Raumfahrtbranche steht vor neuen Herausforderungen. Wirtschaftsminister Robert Habeck plant die Einführung eines Weltraumgesetzes, das jedoch bereits jetzt auf Kritik stößt. Viele Akteure der Branche befürchten, dass strenge Vorschriften und eingeschränkte finanzielle Mittel die Entwicklung der deutschen Space-Industrie ausbremsen könnten.
In den letzten Jahren hat sich der Sektor weltweit entwickelt, besonders in den USA, wo Unternehmen wie SpaceX Vorreiter der privaten Raumfahrt sind. Die Rahmenbedingungen in Deutschland und Europa scheinen jedoch nicht so günstig.
Robert Habecks Wirtschaftsministerium hat nun die Eckdaten eines Weltraumgesetzes vorgelegt und parallel arbeitet die Europäische Kommission an einem EU Space Law. Es ist zu befürchten, dass in Deutschland und Europa mit Blick auf die Space Industrie das Gleiche geschieht wie bei der Künstlichen Intelligenz: Während in den USA und China Wissenschaftler, Techniker, Unternehmer und Ingenieure Innovationen vorantreiben, arbeiten in Deutschland und in der EU Bürokraten an Gesetzen und Regulierungen.
Der Gesetzentwurf von Habecks Ministerium zielt darauf ab, Weltraumaktivitäten deutscher Unternehmen streng zu regulieren. Das geplante Weltraumgesetz stellt dabei besonders die Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt. So sollen Firmen, die keine ausreichenden Maßnahmen zur Vermeidung von Weltraumschrott und zur umweltfreundlichen Nutzung des Alls vorweisen können, keine Genehmigung für ihre Projekte erhalten.
Diese Einschränkungen könnten die Innovationskraft der Raumfahrtindustrie erheblich beeinträchtigen, warnt Matthias Wachter von der NewSpace Initiative. Viele Unternehmen könnten aufgrund dieser Vorgaben gezwungen sein, ihre Aktivitäten ins Ausland zu verlagern.
Parallel zu einem Weltraumgesetz plant die Bundesregierung das Raumfahrtbudget von überschaubaren 333 auf 291 Millionen Euro im Jahr 2025 zu kürzen. Noch mehr Bürokratie und gleichzeitig sinkende Investitionen gefährden das junge Raumfahrt-Ökosystem in Deutschland, so der Geschäftsführer der deutschen NewSpace Initiative, Matthias Wachter. Die Initiative vertritt die Interessen von annähernd 100 privaten Space-Unternehmen, mehrheitlich Start-ups, in Deutschland.
Keine Genehmigung für Innovationen, die nicht „nachhaltig“ sind:
Habeck will mit seinem Gesetz „Weltraumaktivitäten und Starteinrichtungen, die von natürlichen Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft, privatrechtlichen juristischen Personen oder Personenvereinigungen, die ihren Satzungs- oder Verwaltungssitz in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland haben, oder deutschen juristischen Personen des öffentlichen Rechts betrieben werden“ regulieren. Das Gesetz sieht einen Genehmigungsvorbehalt für alle Weltraumaktivitäten vor.
Keine Genehmigung sollen Unternehmen oder Personen erhalten, die nicht ausreichend Vorsorge für die „nachhaltige Nutzung des Weltraums oder von Himmelskörpern sowie zur Vermeidung von Verunreinigungen des Weltraums (‚Weltraumschrott’) oder von Himmelskörpern unter Berücksichtigung auch von Umweltbelangen auf der Erde“ treffen.
"Relevante Firmen werden ins Ausland abwandern"
Private Unternehmen sollen laut den Eckpunkten gezwungen werden, gegebenenfalls Leistungen für die Bundeswehr zur Verfügung zu stellen, wofür eine „marktangemessene Entschädigung“ vorgesehen ist. Die geplanten Zugriffsrechte für die Bundeswehr werden private Investoren und Kunden aus dem Ausland abschrecken, so Raumfahrt-Experte Wachter. „Relevante Unternehmen werden sich dem entziehen, indem sie ins Ausland abwandern. Die Vorgabe schadet damit dem Raumfahrt-Standort Deutschland und letztlich auch der Bundeswehr selbst.“
Die Einzelheiten des Gesetzes sind noch nicht bekannt, aber nach den Erfahrungen mit Regulierungen des Habeck-Ministeriums ebenso wie der EU-Kommission ist höchste Skepsis angebracht, dass deutsche Weltraumaktivitäten behindert oder schlimmstenfalls im Keim erstickt werden könnten.Man kann sich schon lebhaft jahrelange Diskussionen zwischen privaten Raumfahrtunternehmen und staatlichen Behörden vorstellen, in denen es darum geht, wie „nachhaltig“ und „ökologisch“ deren Aktivitäten sind.
Eine Generalklausel in dem Gesetz, wonach der Staat Unternehmen die Betätigung untersagen kann, weil sie nicht „nachhaltig“ sind oder – wie es in den Eckpunkten heißt – „den Erhalt des dunklen Nachthimmels“ gefährden, könnte die Entwicklung von Unternehmen massiv behindern oder ersticken. Es ließen sich fast in jedem Fall Argumente finden, warum bestimmte Aktivitäten beispielsweise „klimaschädlich“ seien oder die Gefahr bestehe, dass Weltraumschrott entstehe. Mit solchen Begründungen hätte man leicht einem Unternehmen wie Space X die Genehmigung versagen können.
In den Eckpunkten aus Habecks Ministerium heißt es zugleich, ausgenommen vom Wirkungsbereich des Gesetzes seien staatliche Weltraumaktivitäten. Damit würden die Gewichte einseitig in Richtung staatlicher Weltraumfahrt verschoben, was dem internationalen Trend massiv entgegenlaufen würde. Im Jahr 2022 belief sich das Volumen der globalen Raumfahrtwirtschaft auf 546 Milliarden US-Dollar, wovon der kommerzielle Sektor mit Umsätzen von 427,6 Milliarden US-Dollar etwa 78 Prozent ausmachte. Private Unternehmen wie Space X, Blue Origin oder Rocket Lab spielen eine immer größere Rolle. Hunderte Unternehmen sind heute im Bereich „Space“ aktiv, und der Wettbewerb der Raketenhersteller um die günstigste Lösung, Satelliten ins All zu bringen, hat die Kosten dramatisch reduziert. Die Kosten für einen Raketenstart liegen dank der privaten Raumfahrt nur noch bei einem Fünftel der Kosten von vor 15 Jahren, so der renommierte Raumfahrt-Experte Robert Zubrin.
Internationale Unterschiede: USA als Vorbild
Ein Blick in die USA zeigt, wie erfolgreich flexible gesetzliche Rahmenbedingungen sein können. Der Commercial Space Launch Amendments Act von 2004 hat amerikanischen Raumfahrtfirmen große Freiheiten eingeräumt. Dieser Gesetzesrahmen ermöglichte es Unternehmen wie SpaceX, Blue Origin und Virgin Galactic, Innovationen voranzutreiben, ohne von strengen Regulierungen behindert zu werden. Statt sofort strenge Sicherheitsvorschriften zu erlassen, setzte die US-Regierung auf eine sogenannte „Learning Period“, in der Unternehmen neue Technologien testen und Erfahrungen sammeln konnten.
Diese Phase, die bereits mehrfach verlängert wurde, reduzierte die Compliance-Kosten und gab den Firmen mehr Spielraum für Forschung und Entwicklung. Dadurch konnten die USA ihre Spitzenposition im Bereich der privaten Raumfahrt festigen, während Deutschland und die EU weiterhin mit bürokratischen Hürden kämpfen. Laut dem Raumfahrtexperten Robert Zubrin haben private Initiativen die Kosten für Raketenstarts drastisch gesenkt. So kostet ein Start heute nur noch ein Fünftel dessen, was vor 15 Jahren nötig gewesen wäre.
Ein positives Beispiel aus Europa liefert jedoch Luxemburg. Das luxemburgische Weltraumgesetz orientiert sich stark an den USA und hat bereits einige internationale Firmen wie SES ins Land gelockt. Auch deutsche Unternehmen haben sich dort angesiedelt, um den strengen deutschen Regelungen zu entgehen. Der Raumfahrtexperte Eugen Reichl lobt die Offenheit Luxemburgs und kritisiert gleichzeitig die Pläne des deutschen Wirtschaftsministeriums. Die Eckpunkte aus Habecks Ministerium seien „viel zu eng gefasst“ und würden den Fortschritt blockieren, so Reichl.
Es bleibt abzuwarten, ob die deutsche Raumfahrt trotz dieser Hürden ihren Weg in die Zukunft findet oder ob sie international den Anschluss verliert.